Das Wort vom Kreuz
Da behaupten die Christen, dass ein Jude, der vor zweitausend Jahren von den Römern gekreuzigt wurde, der Erretter der Welt sei – und sein Tod für die Sünden der Menschheit bezahlt. Dieses Wort vom Kreuz ist heute wie damals für viele schwer erträglich. Warum es dennoch das beste Angebot aller Zeiten ist.
Jesus beanspruchte für sich, Sohn Gottes zu sein – und das, obwohl sein gesamtes Erscheinungsbild ihn als einen normalen Menschen auswies. Für die Juden war Jesu Anspruch eine Lästerung. Sie erwarteten den Messias, ja – aber in Macht und Herrlichkeit. Einen, der sie, das Volk Gottes, von der Bedrängnis der Römer, also unreiner Heiden, befreite. Deshalb wollten die Juden von Jesus Zeichen sehen. Machttaten, die ihn als den von Gott gesandten Messias auswiesen. „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht“ (Johannes 4, 48), sagte Jesus über sie. Und tatsächlich bekamen sie Zeichen in ausreichender Menge. Aber sie glaubten trotzdem nicht. War er nicht Sohn eines Zimmermanns aus Galiläa? Und endete er nicht am Kreuz, wie ein Verfluchter?
Bei den Griechen – und mit ihnen die anderen Völker – lag der Knackpunkt woanders. Ihre Götter waren mächtige Helden, die man für den eigenen Vorteil gebrauchte – für Saat und Ernte, für Krieg und Frieden, für Liebe und Geschäft. Dass nun ausgerechnet ein gekreuzigter Jude der Erlöser sein soll, das erschien ihnen als Torheit schlechthin. Wo war da das Großartige und Heldische? Dieser Mann war doch ein offensichtlich Gescheiterter. Für gebildete Griechen war Jesus eine Zumutung. „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes“, so Paulus dazu. „Er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden“ (1. Korinther 2,14). „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, Torheit; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft“ (1. Korinther 1,18).
Juden wie Griechen – und mit ihnen alle Menschen – sind für das Wort vom Kreuz blind, weil ihr Denken ganz und gar menschlich ist. Doch was in den Augen der Welt als Torheit erscheint, macht Gottes Weisheit aus. Er setzt mit seinem Heilsweg bewusst dort an, wo Menschenweisheit an Grenzen stößt. Was vordergründig schwach und dumm aussieht, ist nichts weniger als der von Gott gewählte Weg, seiner Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen: Durch das Wort vom Kreuz.
Gottes Angebot zu unserer Rettung ist der stellvertretende Tod seines Sohnes am Kreuz. Wer im Glauben dieses Angebot annimmt, wird gerettet. „Denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit“, so Paulus in 1. Korinther 1,24 zu seinen Zuhörern. Er war nicht der Meinung, er müsse für sie das Anstößige wegnehmen und es beschönigen. Er hat das Evangelium so gepredigt, wie es ist: Als Wort vom Kreuz. Paulus sagt: „das Evangelium ist die Kraft Gottes, die jedem, der glaubt, Rettung bringt. Das gilt zunächst für die Juden, es gilt aber auch für jeden anderen Menschen“ (Römer 1,16). Es liegt also Kraft in der Botschaft vom Kreuz. Es ist Gott selbst, der meinem Glauben hilft, wenn ich selbst an meine Grenzen stoße. Auch deswegen ist das Wort vom Kreuz eine frohe Botschaft: Denn es spendet Kraft Gottes.
[die Bibelstellen sind der Neuen Genfer und der Lutherübersetzung entnommen]